Aurum Roses · 2011
Installation · Biennale »Ortung VII – Im Zeichen des Goldes« · Kunstpreis der Stadt Schwabach
Installation zur Biennale »Ortung VII – Im Zeichen des Goldes« · 6. – 21. August 2011 in Schwabach/Bayern
seit 2011 (permanent) · Standort: Schuppen – Südliche Ringstr. 10, Schwabach
Wand-/Schablonenmalerei: Acryl auf Kalkputz
Vitrine: »Schwabacher Goldbarren«, Gips, vergoldet mit 24 Karat Schwabacher Blattgold, MDF-Sockel mit Schablonenmalerei
Vorlage für die Kinderportraits des Wandbildes waren Fotografien von Hartmut Schwarzbach aus der Fotoserie Philipppinen, Goldgräberstadt Diwalwal am Mount Diwalwal auf der Insel Mindanao, Kinder arbeiten in der Goldproduktion, Januar 2008 – www.hartmut-schwarzbach.jimdo.com
Ich zitiere in dieser Installation/Wandarbeit klassische Ornamente aus unterschiedlichen Epochen.
Mit Goldschlägerhämmern verfremdet, verweist das Hintergrund-Ornament aus dem 15. Jhd. auf die 500-jährige Handwerkstradition in Schwabach, die klassizistischen Medaillons sind aus dem 18. Jhd. entlehnt. In den Medaillons erscheinen aktuelle Portraits philippinischer Kinder aus der Goldgräberstadt Diwalwal: Kinder, die mühsam den Lebensunterhalt für ihre Familien verdienen helfen, in dem sie Erzreste aus den Goldminen mit dem Hammer zerkleinern.
Die farbliche und formale Komposition bildet eine visuelle Einheit, die auf den ersten Blick rein dekorhaft erscheint und an das Interieur eines Herrenhauses erinnert. Auf den zweiten Blick konterkariert der Kontrast von historischem Ornament und zeitkritischem Motiv die handwerklich aufwendige Ästhetik des klassischen Schablonendrucks. Der Kontrast wird noch gesteigert durch die irritierende Präsentation von Wandarbeit und »Schwabacher Goldbarren« in einem von Efeu überwucherten alten Schuppen, der hierdurch gleichsam wie aus einem Dornröschenschlaf erwacht scheint.
Es eröffnen sich vielschichtige Deutungsszenarien, die sicherlich eines ins Bewusstsein rufen: die glänzende und die dunkle, für uns meist unsichtbare Seite des Goldgeschäfts sind bis heute untrennbar miteinander verknüpft.
Kunstpreis der Stadt Schwabach 2011
Laudatio der Kulturreferentin des Bezirks Mittelfranken Andrea M. Kluxen zum Kunstwerk »Aurum Roses« von Dana Widawski
[…] Nach eingehender Diskussion hat die Jury den Kunstpreis der Stadt Schwabach 2011 einstimmig der Künstlerin Dana Widawski für ihre Arbeit »Aurum Roses« zugesprochen.
[…] Man betritt einen etwas heruntergekommenen Holzschuppen und wird empfangen von einer in fast mystisches Licht getauchten hochwertigen Schablonenmalerei al fresco, die auf verputzen Wandteilen über vergoldeten Ziegelmauern angebracht ist. Die scheinbar endlose Wiederholung des symmetrischen kleinen Musters wie auch größerer rechteckiger Abgrenzungen mit jeweils mittig angebrachten Medaillons erinnern an kostbare Fragmente von Palast- oder Villenausstattungen. Widawski hat hier ein eigens für Schwabach entwickeltes Ornament mit Goldschlägerhämmern geschaffen, das die Folie bildet für rocaille-gerahmte Porträtmedaillons im Rapport.
Der Betrachter fühlt sich wie ein Entdecker, der einen wertvollen Raum, einen Schatz entdeckt hat, der einen ästhetischen Sog provoziert. […] Symmetrien und Lichteinsatz verleihen dem Raum eine zusätzliche sakrale Aura. Dieser Stimmung dient auch eine kleine museale Vitrine mit einem – wenn auch falschen – Goldbarren.
[…] So wird der Betrachter zunächst im Formalen die Gegensätzlichkeiten von hochwertiger Malerei, Ornament und Gold im Verhältnis zu einem morbide anmutenden Ort eines verfallenden Schuppens spüren. Diese Brechungen setzen sich dann im Inhaltlichen fort, das dem Rezipienten – je länger er verweilt – immer stärker bewusst wird.
Aus Fundierung und Formulierung des Ornamentalen entsteht die konzeptionelle Position. Denn erst bei näherem Betrachten bzw. Nachdenken schlägt das ästhetische Erleben um in erschütternde Erkenntnis.
So zeigen die Medaillons Porträts von Kindern, die in Goldminen arbeiten. Überhöht durch den Goldgrund kommen Assoziationen von Heiligen- oder Märtyrerbildern auf, die den Porträtierten die Würde zukommen lassen, die ihnen tagtäglich in den Goldminen verweigert wird.
Hier setzt die politische und gesellschaftskritische Dimension der Arbeit an. Gold, das unter schlimmsten Bedingungen gefördert und gehandelt wird, war immer auch Symbol für Gier und Verderben, wie beim alttestamentarischen »Goldenen Kalb« oder dem mythologischen König Midas. Auch Widawskis Werk klagt diese Dimension des sagenumwobenen, faszinierenden, seit Jahrtausenden begehrten Materials an und findet ein modernes Zeichensystem für die Gegenwart.
Der Titel des Werks, der auf einem Holztäfelchen in goldenen Lettern zu lesen ist, blendet den unbedachten Betrachter zunächst, interpretiert dieser »Aurum Roses« doch zunächst als »goldene Rosen«. Aber denkt und forscht man weiter, so entpuppt sich »Aurum Roses« als Name einer ugandischen Firma, die nach einem Expertenbericht des UN-Sanktionskomitees das Blut vom Gold aus dem Kongo wäscht, das dann auch hierzulande weiterverarbeitet wird.
Die Künstlerin hat hier also einen Ort, einen Denkraum geschaffen, der gegenwärtige Diskurse über Kapitalismus, Hungersnöte oder Kinderarbeit, aber auch über Wert und Würde des Lebens thematisiert.
[…] Dafür wurde Dana Widawski der Kunstpreis der Stadt Schwabach 2011 zuerkannt.
Andrea M. Kluxen